WEB POSTER EXHIBITION - Strassenplakate in Vietnam
Ein Reisebericht von Felix Ruhl

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In Vietnam gehören Plakate zum Erscheinungsbild der Städte wie in Europa Reklametafeln oder Wahlpropaganda. Im Gegensatz zu jener ist die vietnamesische Graphik aber weitaus origineller und aussagekräftiger.

Vietnam ist eine sozialistische Republik in freizügiger Interpretation. Für Aussenstehende ist der Einparteienstaat kaum wahrnehmbar. Ho Chi Minh (Saigon) erinnert stark an das vom Kapital geschätzte und verwöhnte Bangkok. Freies Unternehmertum und überaus emsige Geschäftstüchtigkeit trifft man überall dort, wo Touristen verkehren.

Die Produktion öffentlicher Graphik ist dagegen noch in staatlicher Hand und von einem für den Sozialismus durchaus typischen pädagogischen Charakter geprägt. Klassische Agitprop mit überdimensionierten Marx- und Lenin-Köpfen sieht man eher selten. Personenkult wie in der Sowjetunion, Kuba oder der DDR ist den bescheidenen, zurückhaltenden Vietnamesen ohnehin fremd. Selbst die Verehrung des Volkshelden Ho Chi Minh fällt eher bescheiden aus und beschränkt sich auf einschlägige Museen in den grösseren Städten.

Die Poster-Motive, die flächendeckend über das ganze, immerhin 80 Millionen Einwohner zählende Land verteilt sind, behandeln vorwiegend praktische, alltägliche Themen wie Sicherheit (2), Gesundheit (7) und Bildung (3).

Es ist anzunehmen, dass die teils warnenden, teils belehrenden Plakate sich vor allem an die weniger gebildeten, mit der Schrift womöglich nur peripher vertrauten Bevölkerungsschichten wenden.

Einige typische Motive habe ich fotografiert: Ma Tuy heisst Drogen (2)(4)(5). Auf den Plakaten mit diesem Schriftzug wird auf drastische Weise vor Drogenkonsum gewarnt. Oft werden Drogen wegen der Infektionsgefahr durch Spritzen mit Aids in Verbindung gebracht. Hay noi khong voi ma Tuy - sag nein zu Drogen - weist auf ein Problem hin, das in Vietnam in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Auf manchen Postern wird auf Entziehungskuren hingewiesen.

Auch mit dem Zucker gehen manche Vietnamesen allzu verschwenderisch um. Auf vielen Plakaten wird daher erklärt, wieviel natürlicher Zucker bereits in Lebensmitteln enthalten ist. Der Hintergedanke ist, die Köchinnen vom übermässigen Gebrauch von stark zuckerhaltigen Aromaten, mit denen vielerorts gekocht wird, abzuhalten (7).

Sehr häufig sieht man Bilder mit stillenden Müttern. Ihnen wird nahegelegt, sich ausgewogen zu ernähren und die Kinder nicht zu überfüttern (6).

Die Friedenstaube bezieht sich auf die Wiedervereinigung von Nord- und Südvietnam nach der abgewehrten Invasion der Amerikaner. Die Kinder in den weissen Hemden tragen die landestypische Schuluniform. Das Bild feiert das 53jährige Bestehen eines Schulhauses (3).


Felix Ruhl ist freischaffender Journalist in Basel (CH) und besuchte Vietnam anfangs Jahr. Sein Coiffeur ist Vietnamese und hat uns mit den Uebersetzungen geholfen.


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