WEB POSTER EXHIBITION - Hermann Kosel. The Holy Every Day.

The following text and the pictures were kindly provided by Peter Klinger who curated the exhibition together with Kathrin Pokorny-Nagel. It accompanies an exhibition at the MAK in Vienna (AT), Kunstblättersaal, 2003.11.25 - 2004.02.29

The text is a slightly adapted version from one that appeared first in the "Wiener Kunsthefte", September 2003 .

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Zur Ausstellung

Das MAK präsentiert unter dem Titel: "Hermann Kosel. The Holy Every Day" anlässlich des 20. Todestages eine Personale des 1983 verstorbenen Künstlers und Grafikers Hermann Kosel (*1896). Wie kein anderer nach ihm, prägte Kosel mit seinen Plakaten über 50 Jahre das visuelle Umfeld des Wiener Strassenbildes.

Kosels Bedeutung für den aufstrebenden Zweig der Werbegrafik der 20er Jahre in Österreich hat seine Bedeutung darin, dass er es über 50 Jahre verstand, zeitgemässe Formen der Plakatwerbung stil- und geschmacksicher umzusetzen und wichtige und potente Auftraggeber, wie die Wiener Messe, den Österreichischen Fremdenverkehrsverband, den Rikola Verlag, Humanic oder die Städtische Versicherung, von sich und seinen gestalterischen Ideen zu überzeugen. Wie der Untertitel der Ausstellung "The Holy Every Day" bereits ahnen lässt, behandelt diese Ausstellung einen Plakatkünstler, der zu den "Funktionalisten" dieses Genres gezählt werden muss: "Der Heilige Alltag" wird für eine Gruppe von Grafikern, die sich unter der Führung Julius Klingers zusammengefunden hatten und der Hermann Kosel angehörte, zum Schlagwort. Die Affinität zur amerikanischen Kultur spiegelt sich in der englischsprachigen, grammatikalisch nicht ganz einwandfreien Überschrift "The Holy Every Day" wider - (eigentlich The Holy Everyday life) - benannt nach einem programmatischen Aufsatz Julius Klingers, den er 1923 in der Publikation "Poster Art in Vienna" veröffentlichte.

Nach einer eingehenden Restaurierung des umfangreichen Bestandes an Hermann-Kosel-Plakaten präsentiert das MAK anlässlich des 20. Todestages Arbeiten u.a. für den Rikola Verlag, Humanic, Wiener Messe, Wiener Städtische Versicherungsanstalt, die Internationale Automobilausstellung. Mit der Präsentation im Kunstblättersaal setzt das MAK seine Aufgabe fort, Plakatkunst ins öffentliche Bewusstsein zu rufen, und zeichnet den Weg des Grafikers stellvertretend für die österreichische Werbelandschaft bis in die Fünfziger Jahre nach.

   
 

Ausbildung

Hermann Kosel wurde am 20. 3. 1896 als Sohn von Hermann Clemens Kosel (1867-1945) und seiner Frau Anna in Wien geboren. Die Familie, aus dem Geschlecht der Grafen Cosel aus Tschechien (Temny Dul / Dunkeltal im Riesengebrige) stammend, siedelte Ende des 19. Jahrhunderts nach Wien. Der Vater Kosels, Autor, Erfinder, Biograph und Photograph, Hermann Clemens Kosel, (1867-1945), wurde 1891 nach seiner Ausbildung an der Wiener Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt Leiter des Fotoateliers des Förderers junger Künstler, Albert Salomon Anselm Freiherr von Rothschild. 1902 schrieb Hermann Clemens Kosel den ersten Band des Standardwerkes "Deutsch-österreichisches Künstler- und Schriftsteller-Lexikon". Zum k.k. Hoffotographen aufgestiegen, gehörte er zu den bedeutenden Kunst- und Portraitfotografen der Vorkriegsgeschichte in Österreich, ein Umstand der ihm Tür und Tor zur Gesellschaft öffnete. Durch seine Affinität zur Kunst wurde er zum Förderer seines Sohnes Hermann Kosel, den er Zeit seines Lebens in seinen Bestrebungen unterstützen wird. Hermann Kosel begann nach dem Gymnasium seine Ausbildung an der Akademie der Bildenden Künste (1911 - 14) bei Rudolf Bacher und Ferdinand Schmutzer . 1913 krönte er sein Studium mit der Verleihung der "Goldenen Fügermedaille" für seine Studien zum Thema "Auferweckung des Lazarus". Der Preis, nach dem Historienmaler und Vizedirektor der Wiener Akademie der bildenden Künste, Friedrich Heinrich Füger benannt, wurde 1781 erstmals an die besten Studenten der Akademie verliehen und seit damals alle zwei Jahre vergeben. 1914 schloss Kosel seine akademische Ausbildung ab.

Am 17.5.1915 ging er als Einjährig Freiwilliger in den Ersten Weltkrieg und wurde dort als Kanonier in der Region des Isonzo eingesetzt. Er rüstete am 1. März 1918 als Leutnant der Reserve mit gutem Führungszeugnis und Empfehlung zur "höheren Chargen" ab.

1919 stellte er bei einer Protestveranstaltung des "Vereins Kunstgemeinschaft" im Palmenhaus im Wiener Burggarten aus. Kosel wurde allerdings nie Mitglied dieser Vereinigung.

Die ausgezeichneten Kontakte seines Vaters nutzend, wandte sich Kosel anfangs seiner Künstlerkarriere der Portraitmalerei zu - unter den bekanntesten sind die des Erfinders der Heliogravüre Karl Klietsch und des Tenors an der Wiener Hofoper Alfred Piccaver - bevor er sich ab 1920 dem Graphic Design verschrieb.

 



Herman Kosel mit seinem Vater Hermann Clemens Kosel, 1915
 

Poster Art in Vienna

Julius Klinger, Doyen der österreichischen Plakatkunst und "moving spirit of Vienna poster-designers" nutzte seine Position als Galionsfigur und Wegbereiter der kommerziellen Werbung, um seine Ideen in der von ihm angeregten "Wiener Gruppe"("Viennese Group"), der Kosel von Beginn an angehörte, verwirklicht zu sehen. Klinger, der 1919 aus Berlin zurückkehrte, richtete in Wien ein "Atelier und Schule für Gebrauchsgraphik" in der Schellinggasse 6 im ersten Wiener Gemeindebezirk ein. Kosel erinnerte sich 1971 im Katalogbeitrag zu seiner Ausstellung im Museum für angewandte Kunst, Julius Klinger 1923, anlässlich Kosels Präsentation des Plakats für die "Rote-Kreuz Redoute" kennengelernt zu haben.


Abb. 1
Hermann Kosel / Rolf Frey
Altesse. Papier a Cigarettes, 1921
Lithographie
62,5 x 186

Gemeinsam mit Hermann Kosel, Rolf Frey und Wilhelm Willrab, Violetta Engelberg, A. A. Haas, Margit Schwarcz und Lucian Zabel fand sich eine Gruppe von Gleichgesinnten, deren Götter "Charlie Chaplin, Karl Kraus und Charles Martin" waren und die sich dem "Holy Every Day", der Verantwortung dem Alltag gegenüber verpflichtet zu sein, widmeten. "Charlie Chaplin, weil er von Hollywood aus selbst die ernsten Chinesen zum Lachen brachte. Kraus, weil er auf ewige Zeiten die Wahrheit über unsere Tage für die nächsten Generationen niedergeschrieben hat, und der Pariser Charles Martin, der durch seine zartfühlende Linie die amerikanische Modewelt beeinflusste". Als Programm publizierte die Gruppe 1923 ein Musterbuch für Gebrauchsgrafik, gleichsam ein Manifest und Agitation für eine künstlerische Idee: "Poster Art in Vienna". Klinger beschreibt darin Kosel unter dem Pseudonym Dr. Wiles Worris (deutsch: "weil es wahr ist"): "...dass diesen jungen Künstlern (gemeint sind Hermann Kosel und Rolf Frey) eine grossartige Zukunft bevor steht ist klar, weil sie ihre graphische Entwicklungsarbeit im farblichen wie im figuralen Bereich mit grosser Ernsthaftigkeit vorantreiben".

Die Publikation machte die Gruppe und somit auch Kosel, der in Klingers "Schule für Gebrauchsgraphik" ab nun auch lehrte, international bekannt. Dieses Vorlagenwerk brachte der Gruppe internationales Ansehen. "Amerikanismus" lautete das Schlagwort der 20er und frühen 30er Jahre für die Werbefachleute auch in Österreich - als Ausdruck der Affinität zum amerikanischen Kultur- und Wirtschaftsdenken. Der Gruppe wurde 1925 die grösste Ehre zu Teil: Der renommierte Verlag "The Studio" veröffentlichte ein von Sydney Jones verfasstes Buch: "Art and publicity. Fine printing and design", in dem der Wiener Gruppe um Julius Klinger der grösste Raum zugestanden wurde. Kosel war mit 10 seiner Ateliersarbeiten (als Cosel-Frey und Kosel-Gibson) prominent vertreten.

Auch wenn die Parallelen weit hergeholt scheinen, der Einfluss von Adolf Loos und seinem funktionalistischen Prinzip, dem "Los vom Ornament", sind für die Wiener Grafiker um Julius Klinger von immanenter Wichtigkeit. Die künstlerische Gestaltung habe sich der schnellen Vermittelbarkeit des Inhaltes unterzuordnen, das Plakat sich den Anforderungen der Wirtschaft zu unterwerfen. Kunstwerke zu schaffen überlassen Sie anderen. Das Luftschiff Z R III sieht Klinger in seinem 1924 im Wiener Konzerthaus gehaltenem Vortrag "Das Chaos der Künste" als "Monumentalwerk der reinen und hohen Kunst, ein Meisterwerk der Kunst unserer Zeit".

 
 


 

Kosel-Frey

Bereits seit 1921 führte Kosel gemeinsam mit seinem langjährigen Freund Rolf Frey das Atelier Kosel-Frey in der Uraniastrasse. Der Vater von Hermann Kosel überliess den beiden Räumlichkeiten seines Fotoateliers. Hermann lebte im Mai 1922 für 3 Monate in Freys Wohnung. Die Arbeiten weisen den typisch nüchtern-geometrischen Stil auf, der für Österreich als Initialzündung für das Graphic Design gilt.

Die steigende Lust am Konsum stellte die Werbegrafiker der zwanziger Jahre vor neue Herausforderungen. Firmen beauftragten Künstler wie Hermann Kosel, die durch umsatzfördernde Plakatkampagnen in Wien den gesteigerten Konsumbedarf zusätzlich begünstigten.

Mit seiner streng reduzierten Formensprache mit formelhafter Symbolik und seinem piktografischen Flächenstil stand Hermann Kosel ganz im Zeichen des Zeitgeistes dieser Jahre und wurde damit zu einem der meistbeschäftigten Werbegrafiker und bedeutenden Vordenker einer neuen Generation von Plakatkünstlern. Henry Louis Sullivans 1896 aufgestellte These, "Form follows function" wird in den Plakaten der Anfangszeit von Kosel-Frey besonders deutlich.

Aufträge unter anderem für die Toilettartikelfirma MEM (Martin Emil Mayer), die Zigarettenpapierfabrik Altesse, den neugegründeten Verlag von Richard Kola (Rikola) zeugen von der regen Tätigkeit des Ateliers. In der Frühzeit des Ateliers signierten sie ihre Plakate gelegentlich mit Cosl-Frey, so auch in "Poster Art in Vienna", vermutlich als phonetische Angleichung an den zu erobernden amerikanischen Sprachraum.

Eines der frühsten nachweisbaren Plakate ist das für die heute noch existierende Firma zur Erzeugung von Zigarettenpapier "Altesse" von 1921 (Abb. 1). Das im 2 Bogenformat affichierte querformatige Plakat zeigt formal ein um die Mittelachse gespiegeltes 20er Jahre Pärchen, dass sich - wer von wem ? - eine Zigarette entfacht. Wer hier wem Feuer gibt ist unklar - klar hingegen scheint der tiefenpsychologische Impetus. Das Spiegeln der Motive wiederholt sich im 1924 entstandenen Plakat für die Schuhfabrik Humanic.

Die Plakate des Ateliers bestechen durch kontrastreiche Farbgebung - zumeist verwendeten sie nur zwei bis drei Farben - und Witz. Die durch diesen prägnanten Flächenstil erzielte Signalwirkung ihrer frühen Arbeiten machten Kosel-Frey schnell bekannt. Sie schafften es schlagartig auf das Wesentliche aufmerksam zu machen. Erste Erfolge sollten sich schon bald einstellen. Für das im Dezember 1920 durch die Fusion der Verlage "Brüder Rosenbaum" und "Gesellschaft für graphische Industrie" entstandene Verlagsimperium von Richard Kola (RIKOLA-Verlag), entwarfen sie beeindruckende Bucheinbände (Abb. 2) und 1923 das urheberrechtlich geschützte Signet für den Verlag (Abb. 3).

Im Mai 1920 heiratete Kosel Maria Mayer, die am 2. September 1921 einen Sohn, Hermann Carl Maria zur Welt brachte. Im Jahre 1924 arbeitete er eine zeitlang allein, während Frey nach Berlin ging und dort das Atelier TRIAS betrieb. In diesem Jahr liess sich Hermann Kosel von seiner Frau Maria scheiden. Er zieht in das Haus seines Vaters in die Uraniastr. 2.

 



Abb. 2
Hermann Kosel / Rolf Frey
Einband aus:
Leo Fischmann: Die Gelbe Fahne
Wien: Rikola 1921
19,5 x 13 cm



Abb. 3
Hermann Kosel / Rolf Frey
Rikola, 1923
Lithographie, 95 x 126
 

Kosel-Gibson

Die 1925 mit Erwin Gibson gegründete Ateliergemeinschaft Kosel - Gibson am Aspernplatz knüpfte nahtlos an den Erfolg an. Auch hier eilt ihm sein Vater zu Hilfe: Wiederum bezogen sie die Räumlichkeiten eines der Fotoateliers von Hermann Clemens Kosel.

Die erhaltenen Plakate lassen stilistisch darauf schliessen, dass auch in dieser Ateliergemeinschaft Hermann Kosel "federführend" war. Bereits 1925 sind Inserate des Ateliers nachweisbar, einige Arbeiten sind in "Art and Publicity" abgebildet. Für die Schuhfabrik Humanic entwarf das Atelier die Plakatkampagne und war mit dem modisch adaptierten, strengen Flächenstil erfolgreich.

Im Juni 1926 heiratete Kosel Nelly Wengraf und im Februar 1927 zogen sie gemeinsam in das Haus der Eltern von Nelly am Georg-Cochplatz 3.

1927 gestaltete das Atelier das Plakat für die Ausstellung im Wiener Messepalast "Wien und die Wiener. Das Alte und das Neue Wien" (Abb. 4). Die Leistungsschau der Wiener Industrie, des Handels und des Gewerbes gewährte auch historische und geografische Einblicke in das Leben in Wien. Man bediente sich erstmals einem aus England importierten Ausstellungskonzept: Dem "Open door system", dem Vorgänger des "Tags der offenen Tür", in denen Betriebe, Ausstellungen, Sammlungen und Institute der Allgemeinheit frei zugänglich gemacht wurden - das "Rote Wien" at its best. Die Ausstellungsarchitektur im Messepalast wurde vom Architekten Robert Oerley gestaltet.

Kosel-Gibson gestalteten das Plakat, in dessen Hintergrund eine fiktive, in die Zukunft weisende Grossstadtansicht im Hintergrund, eine historische Wienansicht aufnimmt. Der Eindruck des Wien von "einst und jetzt" wird durch die Darstellung einer biedermeierlichen Personengruppe - am linken unteren Rand - der moderne Menschen - am rechten unteren Plakatrand - entgegenstellt werden, nochmals betont. Auch den Umschlag des Kataloges und der begleitende Messeprospekt wurden von ihm gestaltet.

1927 gelang es Kosel-Gibson, den für sie wohl grössten Auftrag zu erhalten: Sie entwarfen die Plakate für die Wiener Frühjahrsmesse. Der Auftakt zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit, denn Kosel fertigte zeitlebens nicht weniger als 15 Plakate für die Messe, oftmals auch den begleitendem Prospekt dazu. Den gestalterischen Unterbau zu den Wiener Messeplakaten legte Julius Klinger mit seinem Plakat zur Ersten Wiener Messe im Jahr 1921. Die Messeplakate bauen auf den 3 Buchstaben des Akronyms WIM (Wiener Internationale Messe) typografisch auf. Viele der darauffolgend entstandenen Messeplakate nahmen Anleihe an diesem Plakat.

Im Dezember 1928 wurde Hermann Kosel die Ehre zu Teil, in den Aufnahme - Ausschuss des BÖG´s gewählt zu werden.

 




Abb. 4
Hermann Kosel / Erwin Gibson
Wien und die Wiener - Die Wienerin - Der Himmel über Wien, 1927
Lithographie, 94 x 60


Hermann Kosel 1932

 

Kosel

Ab 1927 arbeitete Kosel allein und schaffte es, Aufträge mit Grosskunden wie der Wiener Messe, der Wiener Städtischen Versicherungsanstalt, oder der Wiener Fremdenverkehrskommission abzuschliessen. Die geniale Verbindung von geschäftlichem Instinkt und gestalterischem Vermögen war finanzieller Garant für den erfolgreichen Grafiker. 1928 arbeitete Kosel für die Gemeinde Wien Städtische Versicherungsanstalt. Er stattete die Versicherung mit neuen Beschriftungen für die Aktenordner aus. Dazu bediene er sich einer allgemein verständlichen Bildsprache, die formal reduziert war. Julius Klinger wies in einem Vortrag auf die Notwendigkeit einer allgemeingültigen Bildsprache hin. In " The International Graphic Code ", wie er den Vorgänger des Piktogrammes nannte, schrieb Klinger: "Jedes dieser graphischen Zeichen entspringt irgend einer primitiven, naturalistischen Vorstellung, die über den Weg der konzentrierten Vereinfachung bis auf ein Abstraktum geführt hat". Kosel müssen diese Worte wohl geläufig gewesen sein, als er die Ordnerbeschriftungen entwarf.

Der mondäne Stil für das anlässlich der Wiener Messe 1929 stattfindende, "Internationale Automobil- und Motorradfest" in der Rotunde zeigt den wandelbaren Stil in seinem Schaffen. Kosel befreit sich von der Starrheit seiner gestalterischen Strenge und seine Arbeiten wirken nun verspielter und leichter.

Im Dezember 1932 übersiedelte Kosel, mit dem Atelier in das eben erst fertiggestellte erste Hochhaus von Wien von Hans Jaksch und Friedrich Theiss. Ein Zeichen, dass es ihm finanziell gut ging. Zwischen 1932/33 entstanden die beiden Plakate für das Südbahnhotel am Semmering (Abb. 5). Das 1882 erbaute und von Emil Hoppe und Otto Schönthal 1932 um ein Schwimmbad erweiterte Hotel wirbt nach seiner Wiedereröffnung mit Kosel - Plakaten, einem Winter- und einem Sommerplakat. Erstmals agieren in seinen Plakaten Menschen in Alltagssituationen. Er hält Freizeitszenen wie fotografische Momentaufnahmen fest. Scheinbar wie zufällig entstehen Plakate, die gelungenen Schnappschüssen gleichen. Aber sie sind wohl inszeniert: Architektonische und topografische Unkorrektheiten im Plakat glätten das harmonischen Gesamtbild perfekt. Die beiden Plakate gelten, wenngleich eigentlich untypisch im Stil, zu den bekanntesten Sujets Kosels.

1935 gewinnt Kosel mit seinem "Vienna"-Plakat (Abb. 6) den von der für die Wiener Fremdenverkehrsstelle international ausgeschriebenen Wettbewerb. Er wählt für sein Plakat eine aussergewöhnliche Perspektive: Den Blick vom Messepalast in Richtung Heldentor auf den Heldenplatz. Im Vordergrund sind Teile des "Kaiserin Maria Theresia Denkmals" noch erkennbar. Er verbindet mit diesem Blick nicht weniger als 4 touristische Highlights (das Denkmal, die Augustinerkirche, die Hofburg und das Heldentor). Eine stilisierte, blühende Kastanie bildet am rechten Rand den "grünen" Kontrastpunkt. Im gleichen Jahr entwarf Kosel das Signet für die Österreichische Verkehrswerbung.

 




Abb. 5
Hermann Kosel
Südbahnhotel Semmering Austria, um 1933
Lithographie, 94 x 61


Abb. 6
Hermann Kosel
Vienna. Informazioni presso gli uffici di viaggo ,1935
Lithographie, 93 x 61

 

Schweiz - Exil in Aix-en-Provence

Hermann Kosel flüchtete im September 1938 gemeinsam mit seiner jüdischen Frau Nelly vor dem Nationalsozialisten in die Schweiz, wo er sich in Zürich eine neue Existenz aufzubauen plante. Er gewann einen Plakatwettbewerb für den Zürcher Zoo und erinnert sich 1950: "Bald hatte ich schöne Erfolge zu verzeichnen, ja, es gelang mir sogar die Spitzenklasse der Schweizer Grafiker zu schlagen" . Im August 1939 wurde Kosel während einer Geschäftsreise nach Nizza von den Wirren des Weltkrieges eingeholt und - Ironie des Schicksals - als Deutscher und somit "feindlicher Ausländer" von den Franzosen verhaftet und im September in einer Ziegelfabrik-"Les Milles" bei Toulon für einen Monat interniert.

Zwischen 1939 und 1949 lebte er mit seiner Frau in Südfrankreich (Aix-en-Provence) und widmete sich neoimpressionistisch anmutender Landschaftsmalerei. In einem Artikel schreibt er, dass das "schöne" Leben unter "Südfrankreichs Himmel" hauptsächlich aus Angst und Hunger bestand. Höhepunkt dieser Zeit war eine Ausstellung seiner Landschaftsgemälde 1948 in der renommierten Galerie Bernheim Jeune in Paris, Ausstellungen in Nizza, Cannes, Monte Carlo und Marseille folgten.

 



 

Österreich 1949-1983. Zwischen angewandter und freier Grafik

1949 kehrte Hermann Kosel gemeinsam mit seiner Frau nach Österreich zurück und eröffnete sein Atelier in der Rainergasse 22 im vierten Wiener Gemeindebezirk. Die Jahre nach dem zweiten Weltkrieg waren auch für Hermann Kosel die Jahre der Standortbestimmung in der Werbegrafik. Während die österreichische Malerei sukzessive eigenständige Ausdrucksformen fand (Phantasischer Realismus, Informelle Malerei), blieb die Entwicklung in der Plakatkunst zurück. 1951 beschloss der Wiener Gemeinderat die Durchführung eines monatlich stattfindenden Plakatwettbewerbes zur Förderung des künstlerischen Anschlages. Hermann Kosels 1952 entstandenes Plakat für die "Dritte Kriegopferlotterie" (Abb. 7) war das erste prämierte "Beste Plakat des Jahres". 1954 konnte er mit dem Plakat für die Niederösterreichische Landwirtschaftskammer "Rindfleisch gibt Kraft" ebenfalls den ersten Preis erreichen, den dritten Platz konnte der bekannte französische Grafiker Raymond Savignac für sich in Anspruch nehmen. Kosel konzentrierte sich in dieser Zeit wieder auf die Malerei. Als Mitglied des Künstlerhauses und der Secession nahm er 1959 mit grossem Erfolg an der Festwochenausstellung des Wiener Künstlerhauses und an der Herbstausstellung 1962 teil.

Kosel erhielt in der Zeit von 1954-1969 Aufträge zur Ausführung von mehreren Bauplastiken, Mosaiken, Stelen, die er an Wohnhäuser der Stadt Wien anbrachte.

Die Krönung seines Lebenswerkes war eine Ausstellung im Säulenhof des Österreichischen Museum für angewandte Kunst (heute MAK). 1971 blickte er mit dieser Ausstellung auf sein 50 jähriges Schaffen zurück: Das Plakat - ein sich zum Kreis schliessender Pfeil - steht symbolisch für das Erreichte.

Am 12 Dezember 1983 stirbt Kosel im 88. Lebensjahr in Wien.

 




Abb. 7
Hermann Kosel
3. Kriegsopferlotterie, 1952
Offset, 118 x 84


Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit Beiträgen von Bazon Brock, Peter Klinger, Peter Noever, Katrin Pokorny-Nagel, Alexandra Smetana und Martin Strauss Hermann Kosel. The Holy Every Day. Wien: MAK, 2003 (MAK Studies, 4) 122 S., 30 Farbtaf.

Projektleitung: Mag. Kathrin Pokorny-Nagel
Kuratoren: Peter Klinger, Mag. Kathrin Pokorny-Nagel


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